Presentation
Blickt man auf die Entstehung und Entwicklung der Orientwissenschaften im 19. und 20. Jahrhundert zurück, so kann man nicht umhin, festzustellen, dass die maßgebliche Rolle des Pioniers und dann Formgebers hier jüdisch akkulturierten Wissenschaftlern in Europa, insbesondere in Deutschland, zukommt. Orientwissenschaft ist in ihren Anfängen keine lineare Bewegung von westlichen, d.h. christlichen oder noch öfter säkularisierten Forschern hin auf einen islamischen Orient. Sie reflektiert auch keine reine Subjekt-Objekt-Beziehung, wie Edward Saids Konzept Orientalism suggerieren könnte. Vielmehr ist das mit dieser Forschung eröffnete intellektuelle Spannungsfeld nur als ein kreatives Dreiecksverhältnis zu begreifen : Es waren zunächst deutsche Juden, die sich dem Orient zuwandten, die mit den im säkularisierten Europa entwickelten Methoden arabistische Textforschung betrieben. Und es waren Angehörige der Wissenschaft des Judentums, die diese von ihnen studierte orientalische Kultur statt sie als exklusives Forschungs-Objekt wahrzunehmen als Teil ihrer eigenen Kultur begriffen. Diese plurikulturellen Ursprünge möchte das hier vorliegende Buch beleuchten. Der von Ernest Renan erhobene Anspruch, der Islam sei im vollen Licht der Geschichte entstanden, verdient heute neu reflektiert zu werden : Der Band will zeigen, wie das von der Wissenschaft des Judentums auf den Koran geworfene Schlaglicht auch heute Wege zu einer kulturell offeneren, der islamischen Tradition angemesseneren Wahrnehmung der Grundurkunde des Islam weisen kann.
Table des matières
Angelika Neuwirth
“In the Full Light of History” The Wissenschaft des Judentums and the Beginnings of Critical Quran Research
Angelika Neuwirth
„Im vollen Licht der Geschichte“ Die Wissenschaft des Judentums und die Anfänge der kritischen Koranforschung
Michael J. Marx
Ein Koran-Forschungsprojekt in der Tradition der Wissenschaft des Judentums : Zur Programmatik des Akademienvorhabens Corpus Coranicum
Walter Homolka
Das Erbe der Wissenschaft des Judentums im Religionsdialog heute
I Abraham Geigers Leben und Werk (1810-1874)
und die Wissenschaft des Judentums
Susannah Heschel
Abraham Geiger and the Emergence of Jewish Philoislamism
Aaron W. Hughes
Contextualizing Contexts – Orientalism and Geiger‘s Was hat Mohammed aus dem Judenthume aufgenommen Reconsidered
Christoph Schulte
Kritik und „Aufhebung“ der rabbinischen Literatur in der frühen Wissenschaft des Judentums
II Koran- und Islamstudien aus der Wissenschaft des Judentums
Franz Rosenthal
The History of Heinrich Speyer’s Die biblischen Erzählungen im Qoran
Gudrun Jäger
Josef Horovitz –
Ein jüdischer Islamwissenschaftler an der Universität Frankfurt
und der Hebrew University of Jerusalem
Friedrich Niewöhner
Der Gefangene von Budapest :
Ignaz Goldziher (1850-1921) zwischen Tora und Koran
Nicolai Sinai
Orientalism, Authorship, and the Onset of Revelation :
Abraham Geiger and Theodor Nöldeke on Mu ammad
and the Qur’an.
III Der Koran und seine spätantike Umwelt –
Studien in der Tradition der Wissenschaft des Judentums
Angelika Neuwirth
Psalmen – im Koran neu gelesen (Ps 104 und 136)
Dirk Hartwig
Der „Urvertrag“ (Q 7:172) – ein rabbinischer Diskurs im Koran
Reimund Leicht
Das Schriftlichkeitsgebot bei Darlehensverträgen
im Koran (Sure 2:282) –
Perspektiven eines Vergleichs mit dem rabbinischen Recht
Ludwig Ammann
Der altarabische weltanschauliche und religiöse Kontext des Koran
Isabel Toral-Niehoff
Eine arabische poetische Gestaltung des Sündenfalls
Das vorislamische Schöpfungsgedicht von Ad ibn Zayd
Admiel Kosman
Giving Birth between the Horizontal and the Vertical :
The Sarah-Hagar Narrative and Its Impact on the
Medieval Jewish Attitude to Islam
IV Ausblick
Almut Sh. Bruckstein
Manifest : Ha’Atelier –
Werkstatt für Philosophie und Kunst :
Für eine Renaissance der jüdischen und islamischen
kosmopolitischen Traditionen
Zu den Autoren
Indices
Personenregister
Sachregister.
Schriftstellenregister
(Source http://www.ergon-verlag.de/en/start.htm?oriental_studies_ex_oriente_lux.htm)
Compte rendu/Review (Ernst Axel Knauf, University of Bern, Switzerland)